Nachsorge mit Plan

Vor ein paar Wochen hatte ich euch hier von meiner etwas suboptimal gelaufenen letzten Nachsorge erzählt. Es ging darum, dass der Arzt, der den Ultraschall durchführen sollte, für längere Zeit erkrankt war und es bis dahin keinen Ersatztermin geben würde. Es folgte ein Alternativvorschlag für einen Termin im März. Der nun auch wieder verworfen wurde und somit 2 Monate nach dem eigentlichen Nachsorgetermin keine Sicht auf Abschluss dieses Vorgangs ist.

Nervig. Auch für mich. Und am liebsten würde ich es einfach dabei belassen und nicht weiter darüber nachdenken. Aber so einfach ist es nicht. Die Nachsorgetermine sind elementare Bestandteile des Sicherheitsnetzes und wenn da einige Fäden nicht fertig gewebt werden, gibt’s da ein Loch, in das ich hineinfallen könnte.

Ich blieb also dran, auch mit der Vorahnung, dass ich nicht viel ändern könnte. Ich rief im Krankenhaus an, um zu fragen, ob es die Möglichkeit gäbe,  den Ultraschall wo anders machen zu lassen. Ich wurde direkt durchgestellt zur Ärztin, die wie immer gestresst war und im Laufe des Gesprächs sagte: „Frau Stark, wir haben hier schwerstkranke Patienten. Wenn Sie sich nicht ausreichend versorgt fühlen, dann müssen Sie sich wo anders einen Ultraschall machen lassen. Wir haben hier einfach kein Personal für sowas.“ Ein weiterer schöner Satz aus dem Telefonat: „Wonach suchen Sie denn?“

Ich fühlte und fühle mich vor den Kopf gestoßen. Mein normales Ich versteht völlig die Lage der Ärztin und Krankenschwestern, mein ehemals krankes Ich ist einfach nach wie vor ängstlich und kann solche Form von Kritik nur schwer einstecken. Es ist sicher ein Fehler, den Menschen, die bereits die Erkrankung überstanden haben, zu sagen, dass es wichtigeres als ihre Nachsorge gibt.

Nachsorge, wie muss die eigentlich aussehen

Was mich immer wieder umtreibt, ist das völlig unterschiedliche Vorgehen bei der Nachsorge von Hodgkin-Patienten, die zum Teil sogar das gleiche Stadium und/oder die gleiche Therapie hatten. Ich kenne zwei konkrete Beispiele, die völlig unterschiedliche Nachsorgepläne haben und auch bei Facebook wird immer wieder gefragt, wie sieht eure Nachsorge aus?

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mich macht dieses Chaos verrückt. Daher habe ich mich jetzt mal hingesetzt und alle verfügbaren Infos zusammengetragen. Ich kann euch vorab schon sagen: Viele Köch verderben den Brei. Eine allgemeingültige Aussage gibt es an vielen Stellen nicht.

Wie oft sollte man zur Nachsorge gehen?

  • 1. Jahr: alle 3 Monate
  • 2. – 4. Jahr: alle 6 Monate
  • Ab dem 5. Jahr: Jährlich

Wer wie ich Studienpatient im Rahmen der German Hodgkin Studygroup (GSHG) ist, also in einer der HD-Studien behandelt wurde, hat eine Nachsorge weniger im Plan. Denn hier wird im ersten Jahr nur 3 Mal angesetzt: Nach 3, 6 und 12 Monaten. Wurde bei mir ignoriert. Hatte trotzdem auch nach 9 Monaten. Aber wer also ab der zweiten Nachsorge nur noch halbjährlich kommen soll, braucht sich nicht zu wundern. Da Studie nun mal Studie ist, kann hier auch ein anderer Plan gefahren werden. Aber reiten wir mal nicht auf diesem Mini-Unterschied rum.

Zwei Drittel der Rückfälle treten innerhalb der ersten zweieinhalb Jahre auf, über 90% in den ersten 5 Jahren nach Therapie auf. Daher ist insbesondere in den ersten drei Jahren eine intensive Nachsorge vorgesehen.

Übersicht der Quellen

Hier im Detail die Gegenüberstellung der aussagekräftigsten Quellen, die ich gefunden habe. Die inoffizielle Quelle ist ein Nachsorgeplan einer Person, die ich bei Facebook in einer Diskussion entdeckt habe.

Was sollte bei den Nachsorgeterminen gemacht werden?

Beim Durchforsten der gängigen Quellen sind diese drei Parts immer dabei und werden quasi einheitlich als Standard genannt:

  • Arztgespräch mit Fragen nach der allgemeinen Gesundheit und nach möglichen Symptomen oder Veränderungen während der letzten Monate
  • Körperliche Untersuchung mit Abtasten der Lymphknotenstationen und des Bauches
  • Blutbild und Differentialverteilung, Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), CRP, TSH

Bei den nächsten beiden Untersuchungen gehen die Meinungen in den verschiedenen Quelle auseinander:

  • Röntgen Thorax. Das Röntgen des Thorax kann zur Nachuntersuchung insbesondere in den ersten 3 Jahren nach Therapie eingesetzt werden. Patienten, die im Rahmen einer der HD-Studien der GHSG behandelt wurden, sollen bei jeder Nachsorge ein Röntgen Thorax bekommen.
  • Ultraschalluntersuchungen. Meist ist die Rede von einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes, aber in einigen Quellen wird auch über Ultraschall der Achselhöhlen (falls man axilliär befallen war) oder des Halses (falls cervikaler Befall) gesprochen. In vielen der Quellen wird es als Kann-Untersuchung angesehen. Studienpatienten, die im Rahmen der GHSG behandelt wurden, sollen eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens planmäßig bekommen.

Was alle von mir dursuchten Quellen im Rahmen der regelmäßigen Nachsorge für nicht erforderlich halten, aber immer wieder viel gemacht wird:

  • Computertomographie. Für Patienten, die eine komplette Remission erreicht haben, keine Symptome oder einen Hinweis auf das Vorliegen eines Rezidivs haben, sollte keine Routine-CT erfolgen.
  • PET-CT. Das PET-CT soll nur bei Verdacht auf ein Rezidiv eingesetzt werden. Der regelmäßige Einsatz der PET in der Nachsorge wird nicht empfohlen.
  • MRT ist die Alternative zum CT und muss auch nicht standardmäßig durchgeführt werden, sondern nur bei Rezidivverdacht.

In der Nachsorge wird auch kontrolliert, ob Folge- und Begleiterkrankungen aufgetreten sind. Es kann vorkommen, dass infolge der Behandlung eine Schädigung am Herzen, an der Schilddrüse oder der Lunge auftritt.

  • Schilddrüsenwerte sollten insbesondere nach Bestrahlung des Halses regelmäßig überwacht werden. Hier reicht die Rhythmusangabe von „bei jeder Nachsorge“ bis zu „1, 2 und 5 Jahre nach der Therapie“.
  • Elektrokardiogramm oder auch Ultraschalluntersuchung des Herzens zur Ermittlung von möglichen Herzproblemen. In manchen Quellen nach 1, 2 und 5 Jahren empfohlen.
  • Lungenfunktionstest wird an vielen Stellen 1 Jahr nach Abschluss der Therapie empfohlen.

Im Nachsorgepaket enthalten, sollten also folgende Untersuchungen sein: Arztgespräch, körperliche Untersuchung und Blutbild. Diese Untersuchungen können erweitert werden um Thoraxröntgen und Ultraschalluntersuchungen des Halses, der Achselhöhlen oder des Bauchraumes. Ergänzend sollten regelmäßig Schilddrüse, Herz und Lunge untersucht werden, um Spätfolgen frühzeitig zu erkennen.

Warum diese Untersuchungen zur Nachsorge und keine anderen?

Intuitiv denken einige vielleicht, dass ihnen ein CT die größte Sicherheit bringen würde. Die Studienlage ist allerdings anders. Die Kombination von Arztgespräch und körperlicher Untersuchung hat die höchste Wahrscheinlichkeit für die Erkennung eines Rezidivs. An zweiter Stelle folgt die Röntgenuntersuchung des Thorax, wobei die Wahrscheinlichkeit durch diese Maßnahme ein Rezidiv zu entdecken nach drei Jahren stark abnimmt.

Für die Computertomographie ist die Studienlage nicht eindeutig, allerdings konnte bisher nicht der konkrete Nachweis für den Nutzen bzw. Nichtnutzen einer CT erbracht werden. Aufgrund der hohen Strahlenbelastung wird das CT daher nur zur Sicherung eines Rezidivverdachts empfohlen. Der Nutzen von Ultraschalluntersuchungen wurde bisher nicht untersucht. Aufgrund der mangelnden Strahlenbelastung und geringen Kosten dieser Untersuchung wird sie jedoch gern eingesetzt.

Die Blutuntersuchung spielt bei der Erkennung von Rezidiven eine nachgeordnete Rolle. Sie ist wichtiger für die Erkennung von therapiebedingten Folgeschäden, sollte daher also unbedingt Bestandteil der Nachsorge sein.

Geplant, ungeplant

Ich hoffe sehr, dass ich dem ein oder anderen mit dieser Auseinanderheddern der verschiedenen Informaitionsquellen helfen konnte. Alle Links findet ihr unten. Wer ergänzen möchte, weitere Quellen kennt oder Fragen hat, kann gern die Kommentarfunktion nutzen. Oder wer einfach nur sagen möchte, war hilfreich, der kann mir auch gern ein „Gefällt mir“ da lassen.

Gestern war übrigens die Überweisung für den Ultraschall im Briefkasten. Jetzt suche ich mir also einen anderen Arzt, der mein Sicherheitsnetz zu Ende webt. Im März habe ich dann wieder einen Termin bei meiner Ärztin und danach werde ich sehen, ob ich mein Sicherheitsnetz zukünftig in einem anderen Krankenhaus weben lassen werde.

Eure Izzie

[1] Meine Quellen:

[2] Das Beitragsbild “Fischernetze” ist ein Foto von Will Heidelbach. Lizenz: CC BY-SA (Bild wurde beschnitten und bearbeitet)

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Auf der Suche nach Izzie Stark

Als ich mit der Krebstherapie begonnen habe, fing ich an, nach Erfahrungsberichten in Form von Blogs zu suchen. Ich versuchte es mit verschiedenen Schlagwörtern, um auf Leute zu stoßen, die in einer ähnlichen Situation wie ich waren. Wahrscheinlich machen das andere ganz genauso. Mit welchen Suchphrasen ihr hier auf meinem Blog landet, ist für mich immer sehr spannend. Vor einer ganzen Weile habe ich sie schon mal ausgewertet. Da gab es dann etwas Diskussion auf den Social-Media-Kanälen, warum ich nicht angeben würde, dass ich Google Analytics nutze. Weil ich es eigentlich nicht nutze. Allerdings verwende ich die Bloggersoftware wordpress.com und darin integriert findet per Google Analytics eine Auswertung der Suchanfragen, die auf meinem Blog landen, statt. Heute gibt es einen zweiten Teil, denn ich finde die Suchanfragen eine gute Möglichkeit, um auf Fragen – die man sich eben so stellt während einer Krebstherapie – einzugehen.

neulasta rückenschmerzen (auch: rückenschmerzen 7 tage nach neulasta oder lonquex erfahrungen) – Das Präparat Neulasta wird während der Chemotherapie gespritzt, um die Dauer und Schwere von Neutropenien zu reduzieren. Bei Lonquex handelt es sich um ein Medikament mit dem gleichen Ziel, welches aber eine bessere Wirkweise haben soll. Ich habe damals Neulasta nach allen Chemositzungen erhalten. Und ja, dieses Medikament verursacht Rückenschmerzen. Ich erinnere mich an eine Nacht, da puckerte es mir bis in den Kopf. Aber mit Schmerzmitteln ist das in den Griff zu kriegen. Also nicht lange gefackelt und beim ersten Anzeichen ein Schmerzmittel deiner Wahl einwerfen.

komische pickel chemo – Ja, das kenne ich auch. Vor allem auf dem Kopf, also auf der Glatze hatte ich die. Kam wohl vom Cortison.

wie lange bleibt abvd chemo im körper – Das ist eine gute Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich habe immer nur Gerüchte gehört. Meistens so im Rahmen von einem halben und einem ganzen Jahr. Ob das tatsächlich stimmt, weiß ich nicht. Was meint das auch, im Körper bleiben? Ist es noch im Körper, wenn die Blutwerte nicht stimmen?

haut tomotherapie abgebrochen – Unter diesem Stichwort kann ich nur vermuten, dass jemand eventuell wegen starker Hautprobleme die Tomotherapie abgebrochen hat. Tomotherapie ist ein spezielles Bestrahlungsgerät, dass nicht wie die von vielen beschriebenen Geräte funktioniert, sondern eher einem MRT gleicht, rein äußerlich und vom Krach her. Ich hatte mit der Haut erst nach Abschluss der Bestrahlung Probleme. Ich hatte eine Art Leopardenmuster am Hals.

typveränderung nach bestrahlung – Ähm. Spannend und nicht ganz klar, wie gemeint. Nicht, dass jetzt jemand auf die Idee kommt, eine Bestrahlung machen zu wollen, um mal wieder seinen Typ zu verändern. Die Bestrahlung hat bei mir äußerlich nicht viel verändert. Habe ich auch noch nie gehört oder gelesen.

im himmel trägt man hohe schuhe, stirbt sie – Während der Reha kam ich mit ein paar Mädels auf die Idee, den Kinofilm „Im Himmel trägt man hohe Schuhe“ zu gucken. Gar keine gute Idee. Im Nachhinein gab es eine kleine Filmbesprechung hier auf dem Blog. Ich habe gespoilert. Aber sowas von und anscheind landet man mithilfe dieser Suchbegriffe wohl auf meinem Blog.

nachsorge akte – Kann verschwinden.

hängekorb häkeln – Wie viele Leute offensichtlich Hängekörbe häkeln wollen und damit immer wieder auf meinem Blog und bei dieser Anleitung hängen bleiben. Schon verwunderlich.

bestrahlung tattoo markierung – Ich sag euch, als ich das gehört habe, bin ich fast vor Lachen vom Stuhl gefallen. Ja, man kann vor der Bestrahlung ein kostensloses Tattoo erhalten, das als Markierung für die Bestrahlungssitzungen dienen soll. Auf diese Weise wird sicher gestellt, dass man immer gleich bestrahlt wird. Ich bin den Tattoos entkommen, habe dafür während der Bestrahlungszeit nur vorsichtig geduscht, um die alternativen Stiftmarkierungen nicht zu verwischen.

reha abbruch aus gesundheitlichen gründen – Ja, das habe ich auch hinter mir. Mein erster Rehaversuch scheiterte nach einer Woche aufgrund einer Gürtelrose. Da dachte ich,  ich hätte es geschafft, da erwischte es mich dann ausgerechnet auf dem Weg zurück ins normale Leben. Keine Sorge, man kann einen weiteren Antrag stellen, der auch ganz normal bewilligt wird.

lymphom auszeit – Unbedingt. Habe noch keinen gehört, der es ohne Auszeit geschafft hat.

morbus hodgkin habt ihr nach ct sofort bescheid bekommen – Also ich habe nach einem CT noch nie sofort Bescheid bekommen. Die Bilder müssen ja erstmal ausgewertet werden und bei mir hat den Bescheid auch immer mein behandelnder Arzt übermittelt. Meist eine Woche später.

was machen wenn jemand nach chemotherapie völlig durchdreht? – Gute Frage. Das Gefühl, Durchzudrehen, hatte ich auch das ein oder andere Mal. Ein Stück weit normal vielleicht. So schnell wie alles geht, ist man einfach überfordert mit der Situation und da kann einem schon mal nach Durchdrehen zumute sein. Was man dagegen tun kann? Einen Psychologen aufsuchen und eine Therapie machen. Mir hat es geholfen.

freizeitpark mit wenig thrombozyten – Ähm. Das würde ich absolut nicht empfehlen. Bei wenig Thrombozyten kann die Blutgerinnung schlechter funktionieren. Man bekommt schneller blaue Flecken und Blutungen kommen eventuell nicht zum Stillstand. Also ein ganz klares „Bloß nicht!“.

gürtelrose hinterkopf hals – Jup, hier. Sehr schmerzhaft und sehr sichtbar. Blöde Stelle. Nicht zu empfehlen.

abvd verschiebung 1 woche – Während meiner ABVD-Chemo musste ich auch vor Beginn des letzten Zyklus verschieben, weil die Leukozyten zu niedrig waren. Meine Ärztin erzählte mir mal, dass ihr auch nicht klar sei, warum ABVD in diesem Rhythmus gegeben wird, weil es schwer sei, den Patienten bis zur nächsten Gabe wieder stabil zu kriegen.

autoreifen geschmack – Also das danach einer sucht, wundert mich. Durch die Bestrahlung habe ich meinen Geschmackssinn vorübergehend verloren. Da schmeckten die Dinge dann manchmal nach Autoreifen oder nach anderen komischen Dingen. Klingt lustig, aber eigentlich war es das überhaupt nicht, denn nichts Schmecken macht überhaupt keine Lust auf Essen. Gut, dass du wieder da bist, mein lieber Geschmackssinn.

tantum verde krebserregend – Na, das wäre ja großartig. Tantum Verde ist die Mundspülung, die ich während der Chemotherapie mehrmals täglich verwenden musste, um Entzündungen der Mundschleimhaut vorzubeugen. Das ist das Standardzeug, was jeder Krebspatient sofort in die Hand kriegt, wenn die Chemo los geht.

morbus hodgkin blog – Wenn Leute mit dieser Suchphrase auf meinem Blog landen, freut mich das sehr, denn eigentlich gibt es andere Blogs, die bei der Suche nach diesen Wörtern auf der ersten Seite der Suchergebnisse angezeigt werden. Da muss sich also jemand durchgeklickt haben bis zu meinem Blog.

zeitvertreib bei chemo – Ja, das habe ich mich auch am Anfang gefragt. Aber eigentlich ist mir dann immer irgendetwas eingefallen. Ich habe mich vor allem kreativ betätigt: Mützen gehäkelt und gestrickt, genäht und natürlich gebloggt. Aber dieses Thema will ich in Zukunft noch mehr aufgreifen. Was kann man so machen, um sich die Zeit zu vertreiben.

wie habt ihr euer lymphom gemerkt – Meinen Weg zur Diagnose findet ihr bei Über mich.

beacoop 8.tag – Ich habe ihn nur schwer ertragen können diesen Tag 8. Gut, ich hatte ihn auch nur zweimal. Aber danach ging es eigentlich direkt bergab. An Tag 8 bekommt man beim BEACOPP-Schema nochmals Chemoinfusionen. Da man vorher schon geschwächt ist, haut das nochmal etwas rein. Hier mein Report zum ersten Mal Tag 8.

chemostuhl – Also dieses Wort ruft zwangsläufig zwei Assoziationen in mir hervor. Erstere ist nicht besonders appetitlich, die andere bezieht sich auf den Stuhl, auf dem man während der Gabe der Chemoinfusionen sitzt. Dazu gab es mal eine schöne Anekdote.

Ungewöhnlich langer Beitrag für meine Verhältnisse. Ich hoffe, ihr fandet es trotzdem genauso interessant wie ich.

Eure Izzie

 

 

Vorgang abgebrochen – Nachsorge, Teil 2

Wenn ich abends zum Feierabend meinen Rechner runterfahren will und dann auf dem Bildschirm steht. „Update 1 von 97. Schalten Sie den Computer nicht aus.“ würde ich den Vorgang am liebsten abbrechen. Ich habe absolut keine Geduld für so etwas. Ich weiß, der macht das von allein fertig, aber irgendwie kann ich nicht gehen, ohne zu sehen, dass er wirklich ordnungsgemäß runterfährt.

Wisst ihr, wofür ich auch keine Geduld habe? Für Nachsorgen. Vor anderthalb Wochen war ich schon zum MRT in der Klinik – Teil 1 der Nachsorge. Dieses Mal hat sich meine Ärztin ein bisschen mehr Spannungsaufbau für mich überlegt. MRT für den Thorax und dann noch Ultraschall für Hals und Unterbauch, leider verteilt auf zwei Termine. Dazwischen hieß es also mal wieder Abwarten. Ich habe mich gut geschlagen, finde ich. Letzten Mittwoch hing mir trotzdem der Magen flau in der Gegend rum. Um mich selbst etwas zu beschwichtigen, holten die Schwalbe und ich uns auf dem Weg zum Krankenhaus einen großen Togo-Kaffee (ja, das Land Togo, genau). Mein Plan war, die wie wahrscheinlich immer länger als zu erwartende Wartezeit zu überbrücken. Deshalb hatte ich auch die ganze Tasche voller Beschätigungsmöglichkeiten. Zeitschriften, Tablet und mein Kalender zum Rumplanen. Man kann ja nie wissen. Bei der letzten Nachsorge waren es immerhin 5 Stunden.

Wir schleppten also die schwere Handtasche wie immer vom hinterletzten Parkplatz bis in den Wartebereich der hämato-/onkologischen Ambulanz. Ich habe das Gefühl die erweitern den Parkplatz jedes Mal, sodass es immer noch weiter hinten gibt als beim letzten Mal. Im Wartebereich muss man immer eine Nummer ziehen und dann hoffen, dass man nicht ganz weit weg von der momentanen Nummer ist. Dieses Mal bin ich nach einer Minute dran. Wow, das könnte schnell gehen heute.

„Sie gehen dann heute zu Herrn Irgendwer.“, sagt die Schwester.

„Zum wem? Nein. Ich bin bei der Ärztin, die den gleichen Vornamen wie meine Mama trägt.“

„Die ist heute nicht in der Ambulanz. Die muss oben auf Station bei der Visite mitlaufen. Und Herr Sono ist auch nicht da. Der ist krank. Länger. Im Skiurlaub gestürzt. Wir haben keinen Ersatz, der die Sonografie machen könnte.“

„Aha. Und nun?“

„Na wenn Sie nicht zu Herrn Irgendwer gehen wollen, dann ruft Sie die Ärztin an. Dann lassen Sie sich noch Blut abnehmen und dann können Sie wieder gehen.“

Nachdem ich mir also wieder jede Menge Röhrchen Blut abzapfen habe lassen, gehe ich also wieder nach Hause. Der Kaffee ist noch nicht mal leer, als wir wieder am Auto sind.

Da wurden meine Updates einfach abgebrochen. Das hätte doch fertig installiert werden müssen. Aber ich bin anders als früher. Früher wäre ich wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen, vor Wut, vor Unorganisiertheit. Aber das passiert nicht. Ich nehme es hin, wie ich schon so vieles in den letzten beiden Jahren hingenommen habe. Es ist, wie es ist. Ich muss bei mir bleiben. Ich weiß, dass es mir gut geht. Warum sollte ich das schriftlich brauchen? Es ist okay. Ich fahre nach Hause.

Den freien Tag verbringe ich mit angenehmeren Dingen. Um kurz vor vier kriege ich eine E-Mail von meiner Ärztin. Sie schreibt: „Das MRT ist ganz prima – alles weg.“ Die entscheidende Info in 7 Worten. Auf dem MRT ist nix mehr zu sehen. Das ist toll. Ja, der ein oder andere wird nun sagen, ja, aber das Nachsorgeprogramm ist nicht komplett durchgelaufen. Das stimmt. Aber ich freue mich trotzdem drüber. Denn mehr habe ich einfach nicht zum Freuen. Also nehme ich diese Info und sehe es als meinen Stempel im Nachsorgepass.

Der Ultraschall wird nachgeholt. In etwa vier Wochen. Bis dahin bin ich trotzdem einfach froh. Denn es gibt so schnell kein „Fertig“. Wenn der Ultraschall in vier Wochen gemacht ist, kriege ich schon wieder den Termin für die nächste Nachsorge. Und die Nachsorgen müssen auch sein, aber dazwischen lebe ich so, wie ich will und mache mir erst Gedanken, wenn es was zum Gedanken machen gibt. Alles andere würde mich verrückt machen. Abspaltung ist gesund. Man muss bestimmte Dinge von sich abspalten, sie nicht an sich ranlassen.

Achso und für diejenigen, die auf Fakten stehen: Ein Eisen- und Vitamin-D-Mangel sind im Blut zu sehen. Das könnte der Grund für meine Beinschmerzen sein. Die Vorräte werden nun also wieder aufgefüllt und dann laufe ich wieder „rund“.

Eure Izzie

Nachsorge, Teil 1 – Luft anhalten

„Einatmen, ausatmen und nicht mehr atmen.“ war heute der meist gesagte Satz des Tages. An die 10 Mal schrieb mir die MTA über die Kopfhörer auf meinen Ohren vor, wann ich atmen soll. Der Teil mit dem Nichtmehratmen war für meinen Geschmack doch etwas lang. Bin schließlich kein Taucher.

Heute also der erste Teil meiner wieder anstehenden Nachsorgeuntersuchung. Und damit es auch nicht langweilig wird, ist jede Nachsorge ein bisschen anders. Heute stand ein MRT auf dem Programm. So nach einem Jahr wollte meine Ärztin doch mal ein Bildchen haben. Eigentlich wollte sie natürlich ein CT. Habe ich abgelehnt und um ein MRT gebeten. Meine Strahlenbelastung war in den letzten zwei Jahren genug.

Und wenn man um 13:00 einen Termin zum MRT hat, muss man in dem Krankenhaus, in dem ich behandelt werde, schon um 10:30 Uhr da sein. Bei der Anmeldung kam ich sofort dran, auch die gefühlten 10 Röhrchen Blut waren schnell abgenommen. Immer wieder verrückt, dass ich eine der wenigen bin, die mit einem Riesenzettel ins Blutabnahmezimmer gehen. Gut, dass mich das rein gar nicht juckt. Flexüle auch gleich gelegt, denn MRT gibt’s natürlich mit Kontrastmittel. Hätte ich nicht noch wegen akuter Beschwerden bei der Ärztin vorbeigeschaut, hätte ich zweieinhalb Stunden einfach rumgesessen. Die akuten Beschwerden sind übrigens Beinschmerzen und Rücken. Könnte Ischias sein. Nach dem Yoga war es auf einmal da.

So habe ich die Zeit effektiv genutzt. Und kurz vor 12:30 Uhr war ich wieder raus bei der Ärztin, die den gleichen Vornamen wie meine Mama trägt, und hastete rüber zur Röntgenabteilung. Ich war in der Warteschlange und verfolgte gespannt das Gespräch des Pärchens vor mir, die darüber fachsimpelten, was nochmal mehr Strahlung hat: CT oder MRT. Dachte, das hätte sich mittlweile rumgesprochen. Leider konnte ich nicht weiter folgen, da aus Tür Nr. 9 die MTA persönlich geschossen kam und laut rief: „Frau Stark!“ Jo?! „Kommen Sie mal gleich rein.“ Toll. Ich drängelte mich an den eigentlich noch vor mir Wartenden vorbei. Tja, Termin ist Termin. Das nehmen die genau!

Ich hatte mich auf ruhige 20 bis 30 Minuten, na gut eher laute – MRT kommt ja eher einem Bohrhammer nahe -, eingestellt. Wurde dann aber schnell eines besseren belehrt. Nachdem ich beim Start realisiert hatte, dass mich die Situation stark an meine Bestrahlungssitzungen erinnerte und ich die aufkeimende Panik in mir ersticken konnte, ging es auch schon los mit den Atemübungen. Atmen und Luftanhalten verlangten mir doch einiges ab. Leicht durchgeschwitzt verließ ich das Gerät und bald darauf das Krankenhaus.

In zwei Wochen komme ich wieder und dann folgt der zweite Streich mit Ultraschall und Auswertung. Und die wird schwer in Ordnung sein, denn mir geht’s gut.

Eure Izzie

P.s.: Den Beitrag zum Thema Bullet Journal habe ich nicht vergessen. Ich brauche Tageslicht zum Fotografieren. Unter der Woche gelingt es mir also nicht. Das Wochenende werde ich aber nutzen. Versprochen.

2016 war nett, aber 2017 wird noch viel netter

Eigentlich sollte dieser Beitrag noch in 2016 online gehen. Ich könnte jetzt schummeln und ihn zurückdatieren oder ich schreibe es nochmal um. Ich glaube, ich schreibe es um.

Heute Gestern vor einem Jahr um diese Zeit lag ich das letzte Mal im Bestrahlungsgerät. Genau ein Jahr ist das Ende der Therapie her. Ich begann 2016 ohne Krankenhaus und ich weiß noch genau, wie wunderbar ich das fand. Es war wie ein Cut, auf einmal war 2016 und dieses neue Jahr sollte viel besser werden.

Nachdem der Januar vor allem vom Durchatmen und Packen meiner Koffer für die Reha geprägt war, wurde es dann im Feburar doch nochmal doof. Nach der ersten Woche Reha bekam ich am Hinterkopf eine Gürtelrose und musste die Rehabilitation abbrechen. Auch wenn man erzählt, der Mensch hätte kein Schmerzgedächtnis, kann ich mich ziemlich gut daran erinnern, wie schmerzhaft das ganze war. Ich musste starke Medikamente nehmen, nahezu stündlich irgendwas, noch bis Juli. Im April gab es dann einen neuen Rehaversuch, der glückte. Ich kam ziemlich fit zurück und startete im Mai mit der Wiedereingliederung, die im Juni auch schon geschafft war. Dann wurde es besser. Ab August war ich ohne Schmerzmedikamente unterwegs und genoss es einfach. Ich war wieder richtig da, konnte Sport treiben und alltägliche Dinge tun. Ab September verflog das Jahr. Ich hatte keine Pläne, Urlaub war aufgrund von Nichtfliegendürfen gestrichen und so begingen wir die Wochen, wie sie eben kamen. Der Dezember raste so vor sich hin und nun sitze ich hier, ein paar Stunden vor 2017 ist erst wenige Stunden alt und das wird was, sage ich euch. Ich erwarte ein Knaller-Jahr mit lauter gutem Zeug und Gesundheit für mich und meine Lieben. Ich meine 2016 war nett im Vergleich zu 2015, aber 2017 wird noch viel netter.

Ich habe mir vorgenommen, dass das neue Jahr wieder ein bisschen mehr Plan kriegt. Nachdem mir in den letzten Monaten noch nicht so der Sinn danach stand, weiter als zwei Wochen zu denken, möchte ich dieses Jahr doch bewusster erleben und deshalb habe ich angefangen meinen Filofax bunt zu gestalten, ein bisschen wie ein Bullet Journal. Auf persönlichen Wunsch einer treuen Leserin, werde ich in meinem neuen Beitrag mehr darüber erzählen, wie mein bunter Begleiter aussieht und funktioniert.

Meinen Blog werde ich in diesem Jahr etwas neu ausrichten. Natürlich erfahrt ihr weiterhin, wie es bei mir läuft. Aber ich bin ja jetzt auch wieder normaler und habe nicht ganz so viel Stoff in meinem Alltag, um damit einen Blog zu füllen. Was auf jeden Fall bleibt, sind die Interviews aus der Reihe „Izzie trifft starke Menschen“.  Auch über die Umstellung auf Naturkosmetik werde ich weiter berichten, weil das ein Thema ist, was mir sehr am Herzen liegt, seit meine Haut empfindlicher geworden ist und ich mich mehr damit beschäftigt habe, was in Kosmetik so drin ist. Aber es wird auch weitere Themen geben. Schon in der Vergangenheit habe ich die ein oder andere Anleitung zum Selbermachen geschrieben. Der Fokus soll hier darauf liegen, was man so machen kann, wenn man viel Zeit während der Therapie hat, als Beschäftigung oder Ablenkung. Denn das ist etwas, was ich gut kann: Kreative Projekt umsetzen und damit Langeweile vertreiben. Alles weitere wird sich zeigen. Ich bin offen für Anregungen jeder Art und hoffe ihr bleibt mir treu, auch in 2017!

Ich wünsche euch allen, ein gesundes und glückliches neues Jahr!

Eure Izzie

Weihnachten wie bei Ebenezer Scrooge

Es ist ein Tag vor Heiligabend, ein Mittwochvormittag. Eine junge Frau schreitet durch die Drehtür und läuft durch die geflieste Eingangshalle zu den Treppen, um in das Untergeschoss des Gebäudes zu gelangen. Direkt neben ihr läuft ein Mann, der auch zu wissen scheint, wo es lang geht. Sie läuft wie automatisiert am Tresen direkt hinter der Schiebetür vorbei. Die Damen hinter dem Tresen kennen sie bereits. Sie ist nicht zum ersten Mal hier. Sie nimmt Platz vor der Tür mit der Nummer 14. Als sie aufgerufen wird, verschwindet sie für knappe 20 Minuten in dieser Tür. Der Mann wartet auf sie, wie jeden Tag. Sie muss allein dort rein, niemand kann sie begleiten. Muss 12 Minuten ganz still liegen und warten, dass die unsichtbaren Strahlen sie durchdringen. Danach gehen sie zusammen den gleichen Weg, den sie reingekommen sind,  wieder raus. Mit der kalten Luft um ihre Nase, fängt die Frau wieder an, tief zu atmen. Sie scheint erleichtert.

Am nächsten Tag ist Heiligabend, der Tag ist anders als die zuvor. Am Nachmittag kommt die Familie oder das, was davon übrig geblieben ist. Sie trinken Kaffee und essen Kuchen. Es gibt zwei Käsekuchen. Der eine eher luftig von der einen Mutter, der andere eher cremig von der anderen. Der Abend endet ruhig und auch die nächsten Tage werden still und trostlos. Ein Weihnachten wie bei Ebenezer Scrooge.

Ich öffne die Augen und erkenne mein Wohnzimmer. Auf dem Tisch brennen die Teelichte in der kleinen Pyramide, der Fernseher läuft. Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag und vor lauter Weihnachtsstress bin ich nun doch von meiner Müdigkeit übermannt wordent. Und ich habe geträumt, schlecht geträumt.

Die letzten Tage waren bunt gemischt. Hagbard und ich sind viel umhergefahren, um die Familie zu besuchen und mehrere Bescherungen zu vollziehen. Für mich das wohl entscheidendste in diesem Jahr: Ich wollte nicht allein zu Hause sein. Wollte vor allem Spiele spielen und Essen genießen. Auch wenn es mich dieses Jahr schon wieder fast überforderte, denn meine Belastungsgrenze hinsichtlich großer Familienrunden ist gesunken.

Es ist doch immer wieder verblüffend, welche Unruhe Weihnachten reinbringen kann, weil alle mit ihren bestimmten Vorstellungen von Weihnachten an die Festtage herangehen. Diese Ideen prallen mit voller Wucht aufeinander. Während der eine einfach Ruhe und Besinnlichkeit sucht, will ein anderer einfach viel Spaß und laute Gespräche quer über den Tisch. Es gilt, die perfekte Mischung hinzubekommen. Jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung. Und auch wenn eigentlich die ganze Adventszeit zum Runterkommen dienen soll, sind am Ende einfach alle müde und brauchen erstmal Ruhe. Doch auch, wenn es anstrengend war, war es ein unglaublich schönes Gefühl, zu wissen, dass der Albtraum aus dem letzten Jahr vorbei ist und dafür bin ich sehr dankbar.

Eure Izzie

Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus

Izzie trifft starke Menschen: Bernhard

Heute ist mal wieder der vierzehnte eines Monats und das heißt, ich stelle euch einen weiteren Hodgkin-Bekämpfer vor. Bernhard ist den Kampf besonders sportlich angegangen. Mit seinem Blog BänäFIT erregt er Aufmerksamkeit, natürlich auch meine und deshalb habe ich ihn um ein Interview gebeten.

Hallo Bernahrd, toll, dass du Lust hattest, bei meiner Interviewreihe mitzumachen. Für diejenigen, die dich noch nicht kennen, willst du dich kurz vorstellen?

Danke für die Einladung! Gerne stelle ich mich kurz vor. Ich bin Mitte 30, Vater von drei Kindern und leidenschaftlicher Sportler (Wasserball). Im März 2016 habe ich ganz überraschend die Diagnose Hodgkin bekommen. Damit alle meine Freunde und meine Familie immer informiert waren, habe ich auch angefangen zu bloggen.

Das ist Bernhard von BänäFIT. Bild: Bernhard Hengl
Das ist Bernhard von BänäFIT. Bild: Bernhard Hengl

Eine Frage, die ich einfach immer am Anfang stellen muss: Wie geht es dir jetzt gerade?

Jetzt gerade im Moment bin ich ein wenig gefrustet. Was bei mir wirklich selten vorkommt. Der Grund ist, dass ich Anfang der Woche vier Muttermale entfernt bekommen habe und nun 3 Wochen keinen Sport machen sollte. Kein Sport machen zu dürfen, ist eine echte Qual für mich! Aber abgesehen davon, geht es mir blendend!

Blendend klingt gut. Was hast du denn gemacht, bevor du krank geworden bist? Wie sah dein Leben, dein Alltag aus?

Ich war ein ganz normaler Familienvater, der mitten im Berufsleben gestanden hat. Mein Tag bestand aus Arbeiten, Familie und irgendwann noch die Zeit finden, um zu trainieren. So blöd es klingt, aber ich bin dankbar, dass ich Krebs bekommen habe. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, aus meinem Hamsterrad auszubrechen.

Wie sieht es denn aus mit deinem Hamsterrad? Du bist nun seit einer Weile wieder im Job, der Alltag ist sicher wieder eingekehrt. Was hat sich verändert im Vergleich zu vor deiner Erkrankung?

Eigentlich habe ich nicht viel verändert, sondern nur Kleinigkeiten und Prioritäten ein wenig verschoben. Die Kleinigkeit mit der größten Auswirkung war, dass ich alle Benachrichtigungstöne am Handy ausgeschalten habe. Sprich Whatsapp, Mail, SMS und Co geben keinen Laut mehr von sich, wenn sie eintrudeln. Dadurch werde ich nicht ständig aus dem Rhythmus herausgerissen. Die Nachrichten werden einfach erst dann gelesen, wenn es sich zeitlich passt. Ich bin total überrascht, was das ausmacht. Das Stresslevel sinkt um einiges und ich bin viel effektiver, weil ich nicht immer abgelenkt werde.

Das klingt nach einer sehr guten Idee. Sollte ich auch mal ausprobieren. Aber lass uns mal noch etwas detaillierter auf deine Hodgkin-Story eingehen. Wann hast du gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt?

Eigentlich erst nach der Diagnose. Beim Hodgkin sind klassische Symptome vermehrte Müdigkeit, Leistungsabfall und geschwollene Lymphknoten. Und alle diese Symptome konnte ich mir logisch erklären.
Müdigkeit: Wir haben drei kleine Kinder, da sind die Nächte einfach kürzer.
Leistungsabfall: Mit Ü30 und drei Kindern auch logisch; mittlerweile weiß ich, dass der Hauptgrund der 10cm große Tumor im Brustbereich war.
Geschwollene Lymphknoten: Die haben einfach nicht weh getan, daher für mich kein Grund besorgt zu sein.

Deine Diagnose war dann eher ein Zufall. Irgendwo habe ich gelesen, dass du zufällig in der Nähe deines Arztes warst und mal „vorbeigegangen“ bist. Meinst du, es gibt Unterschiede zwischen Männern und Frauen, wie und wann sie zu ihrer Diagnose kommen?

Ganz genau! Mir ist ein Kundentermin ausgefallen als ich gerade auf der Höhe meines Arztes war, da hab mir gedacht, wenn ich schon mal da bin, lass ich mir schnell die geschwollenen Lymphknoten anschauen. Die hatte ich zu dem Zeitpunkt schon über ein Jahr. Männer gehen allgemein eher seltener zum Arzt als Frauen, daher gibt es definitiv Unterschiede. Ich persönlich gehe nur deswegen selten zum Arzt, weil ich das Warten hasse.

Ja, diese Wartetei nervt schon sehr. Beim Warten auf die Diagnose kommt dann wahrscheinlich jeder an seine Grenzen. Wie hat denn deine Familie auf die Diagnose reagiert?

Alle waren schockiert! Wer mich kennt, konnte sich das nicht vorstellen. Sportler, kaum Alkohol, ausgewogene Ernährung und dann Krebs! Hat wirklich viele schockiert. Eigentlich musste ich erstmal alle beruhigen.

Wie war es mit deinen Kindern? Du hast drei, das dritte war gerade wenige Monate alt, als du die Diagnose erhieltst. Wie hast du deinen Kindern beigebracht, dass du krank bist?

Meine Frau und ich haben uns geschworen, dass wir den Kindern gegenüber total ehrlich sind. Als es bei mir losging und die Haare ausgingen, haben wir zusammen mit den Kindern einen Familienevent daraus gemacht. Alle zusammen durften dem Papa die Haare rasieren und wir haten viel Spaß dabei.

Bernhard versteht Humor. Dieses Foto teilte er auf Facebook. Bild: Bernhard Hengl
Bernhard versteht Humor. Dieses Foto teilte er auf Facebook. Bild: Bernhard Hengl

Ja, anders lässt sich das nur schwer ertragen. Humor hilft da über einiges drüber weg. Aber was hast du noch für Strategien gehabt? März 2016 Diagnose, September fertig mit der Chemo- und Strahlentherapie, Oktober Reha und seit November wieder im Job. Das ging ja echt ordentlich schnell bei dir. Wie hast du das geschafft?

„Zwischenchallenge“! Von Anfang an habe ich die Krebstherapie nur als „Zwischenchallenge“ benannt, weil für mich klar war, dass alles wieder gut wird. Alleine hätte ich es nur schwer geschafft. Meine Frau, Kinder, Familie und Freunde waren hierbei eine verdammt große Stütze. Den größten Anteil haben aber die Ärzte und die gute medizinische Versorgung in Österreich.

Auf deinem Blog nennst du dich auch der „Krebsathlet“. Wie kam es zu dem Namen?

Der #KrebsAthlet ist eigentlich zufällig entstanden. Meine Frau hat mich einmal so genannt, als ich kurz nach einem der Chemozyklen schon wieder sporteln war. Und irgendwie gefällt mir der Name, weil er beides verbindet: den Krebs und den Athleten in mir. Beim Thema Krebstherapie und trotzdem Sport habe ich einen für mich komplett neue Weg beschritten. Das zu erklären würde aber den Interview-Rahmen sprengen. Wer es genauer wissen will, kann das auf meinem Blog detailliert nachlesen.

Ja, beim Thema Sport und Krebs ist dein Blog wahrlich eine große Fundgrube. Da habe ich hier nicht so viel zu bieten. Was würdest du anderen Betroffenen, die hier mitlesen, noch mit auf den Weg geben?

Mein persönlicher Tipp: „Keep on Smiling“! Viele werden jetzt denken, dass kann nicht sein Ernst sein. Doch ist es! Nachdem ich bei der Bestrahlung eine Panikattacke hatte, musste ich mir was überlegen um mich vor den weiteren Bestrahlungen zu beruhigen. Unter anderem habe ich mich in der Garderobe vor dem Bestrahlungsraum einfach im Spiegel selbst angelächelt. Das hat mir echt geholfen!

Gab es bereits einen Tag seit der Diagnose, an dem du nicht daran gedacht hast, dass du Krebs hattest?

Diese Tage gab es sogar schon während der Therapie. Weil ich immer im Hinterkopf hatte, dass das nur eine „Zwischenchallenge“ ist, konnte ich schon da oft recht gut abschalten.

Zum Abschluss noch eine nach vorn gerichtete Frage: Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Oberste Priorität hat natürlich die Gesundheit. Seit dem Ende der Therapie arbeite ich an meinem Comeback um es nochmals in die Wasserball-Bundesliga zu schaffen und das mit Ü30 und Krebs! Wen es interessiert, der kann auf meinem Blog verfolgen, wie es für mich läuft.

Das werden wir machen. Auf meiner Blogroll stehst du dank des Bs schließlich schon ganz oben (auf der rechten Seite zu finden). Ich wünsche Dir viel Erfolg bei deinem Comeback, aber in erster Linie wünsche ich Dir Gesundheit in allen Lebenslagen. Danke, dass Du mein Gast warst.

Für Fragen könnt ihr entweder das Kommentarfeld nutzen oder ihr besucht direkt Bernhards Blog.

Eure Izzie

Hier findet ihr meine Gäste aus weiteren Interviews:
Jeanette
Kathi
Sina
Natascha

[1] Das Beitragsbild „Lemon Squash“” ist ein Foto von Bas Van Uyen, Lizenz: CC BY-NC-ND (das Bild wurde beschnitten)

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Bei Anruf krebsfrei

Genau ein Jahr ist es heute her, dass das Telefon klingelte und die Ärztin, die den gleichen Vornamen wie meine Mama trägt, mir sagte: „Frau Stark, es ist alles weg, … nun folgt noch die Bestrahlung, weil Sie in den Standardarm gelost wurden.“ An viel mehr kann ich mich nicht erinnern.

Für alle diejenigen, die noch nicht so lange meinen Blog verfolgen. Im Rahmen meiner Therapie habe ich an einer Studie teilgenommen, der HD17. Darin geht es um die Verbesserung der Therapie des Morbus Hodgkin. Es wird untersucht, ob man auf die Bestrahlung zukünftig verzichten kann, ohne den Therapieerfolg zu mindern. Während also die Chemotherapie bei allen gleich läuft – 2 Zyklen ABVD, 2 Zyklen BEACOPP eskaliert -, ist es Zufall, ob man zusätzlich bestrahlt wird, denn das wird ausgelost. Im sogenannten experimentellen Arm erhält man nur eine Bestrahlung, wenn nach der Chemo noch aktive Krebszellen im Körper sind. Im Standardarm erhält man so oder so die Bestrahlung.

Natürlich war ich froh darüber, dass die Chemo so gut gewirkt hatte, dass alles weg war. Aber so richtig konnte ich mich nicht freuen, weil ich sehr gehofft hatte, ohne Bestrahlung durchzukommen. Diese Situation brachte mir viele unruhige Nächte und eine Menge Schmerzen. Und Weihnachten wurde durch den Bestrahlungsmarathon ersetzt.

Aber heute, ein Jahr danach, weiß ich, dass dieser Anruf entscheidend war. Er bedeutete, dass ich gesiegt hatte. Ich war bereits krebsfrei und die Bestrahlung fungierte als Sicherheitsmaßnahme. So habe ich mir das zumindest immer selbst verkauft, einfach um es vor mir selbst zu verharmlosen.

Würde dieser besondere Tag nicht so unmittelbar vor meinem Geburtstag liegen, hätte ich einen Starkschen Feiertag daraus gemacht. An diesem Tag hätte ich immer frei, auf Antrag auch weitere mir nahestehende Personen und es würde gutes Essen geben. Aber so werden diese beiden besonderen Tage zusammen gefeiert. Der ein oder andere hat mich gefragt, was ich mir zum Geburtstag wünsche. Eigentlich doch einzig und allein Gesundheit. Denn vor dem Wunsch, gesund zu sein, werden alle andern Wünsche klein.

Eue Izzie

[1] Das Beitragsbild “Telefon” ist ein Foto von Idaponte. Lizenz: CC BY-SA

Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus

Izzie trifft starke Menschen: Kathi

Es ist wieder so weit. Es ist der vierzehnte eines Monats und das heißt: Ich treffe heute wieder einen Menschen, der gekämpft hat. Gegen den Hodgkin. Kathi habe ich über einen sehr netten Emailaustausch kennengelernt. Nach einer Weile fragte ich sie, ob sie für ein Interview bereit stünde. Und ja, sie hat gesagt, wenn es anderen Menschen hilft, dann gern. Hier ist sie also, die Geschichte von Kathi in kleinen portionierten Häppchen.

Hallo Kathi, toll, dass Du dich bereit erklärt hast, heute mein Gast zu sein. Möchtest du kurz ein bisschen mehr zu dir sagen?

Hallo Izzie, gern stelle ich mich kurz vor. Ich bin 22 Jahre alt und komme aus Oberbayern. Bevor ich krank wurde, habe ich in Regensburg BWL studiert und damit im März auch wieder weitergemacht.

Wir sind ziemlich zeitgleich unterwegs gewesen, das heißt, auch das Ende deiner Therapie ist mittlerweile über ein halbes Jahr her. Wie geht es Dir jetzt? Hast Du noch Nachwirkungen oder Beeinträchtigungen?

Mir geht’s jetzt wieder sehr gut und ich habe keinerlei Nachwirkungen oder Schmerzen mehr.

Das klingt toll. Wie ging es Dir vor der Diagnose, wie hast Du gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt?

Schon Monate vorher hatte ich einen Husten, der einfach nicht weggehen wollte und immer mal wieder Schmerzen in der Gegend des Brustbeins. Etwa vier Monate vor der Diagnose war ich beim Hausarzt, der aber nichts Bestimmtes feststellen konnte. Er meinte, eine Verspannung, vergeht wieder. Doch der Husten ist geblieben, Rückenschmerzen sind hinzugekommen. Ziemlich genau einen Monat vor der Diagnose war ich wegen meinem Husten bei einem Lungenfacharzt, der mich viel zu wenig und extrem schlecht untersucht hat und dann die Fehldiagnose „Virus“ gestellt hat. Er verschrieb mir ein Asthmaspray und sagte: „Das vergeht wieder.“

Kurz vor der Diagnose ging es mir dann ziemlich schlecht. Ich habe bei der kleinsten Belastung keine Luft mehr bekommen, alles war irgendwie zu anstrengend. Ich hatte Rückenschmerzen, habe schlecht geschlafen und hatte auch weitere Symptome wie Nachtschweiß und Juckreiz. Die Atemnot hat dann letztlich den Ausschlag gegeben, erneut zum Hausarzt zu gehen. Von dort ging’s direkt ins Krankenhaus und dann bekam ich nach einigen Tagen die Diagnose Morbus Hodgkin.

Eine Frage, die ich immer wieder stelle: Wie haben deine Familie, Freunde und Bekannte auf deine Diagnose reagiert, wie sind sie damit umgegangen?

Die direkte Reaktion auf die Schockmeldung habe ich nur bei meinen Eltern gesehen. Als die Ärztin meiner Mama von einem großen Tumor auf der Lunge erzählte. Es war schrecklich und sehr tränenreich.

Meine Eltern haben die schwierige Aufgabe übernommen alle Verwandten und Bekannten zu informieren. Der Schock war überall riesig. Im Lauf der Zeit haben sich alle etwas beruhigt, weil es mir wieder besser ging, was die Atemnot anging und auch weil die Ärzte von sehr guten Heilungschancen gesprochen haben.

Einige Freunde habe ich selber informiert, zu vielen hat es sich aber sehr schnell rumgesprochen, bevor ich wusste, wie ich es ihnen sagen sollte. Meine Freundinnen waren anfangs alle geschockt, haben sich aber toll um mich gekümmert und abgelenkt. Mit meiner besten Freundin hat sich beispielsweise das Ritual ergeben, vor jedem neuen Zyklus Essen zu gehen. Für die Jungs in meinem Freundeskreis war es sehr schwierig. Sie haben sich selten gemeldet und wussten nur schwer, wie sie damit umgehen sollten. Schwer zu sagen, woran das lag, vielleicht am Alter? Jetzt wo ich wieder dabei bin, ist der Krebs kaum noch Thema und der Umgang ist wieder wie früher.

Welches Stadium hattest Du und welche Therapie hast Du bekommen?

Ich war im 4. Stadium und wurde mit der Chemo BEACOPP eskaliert und einer 15-maligen Bestrahlung mit 30 Gray behandelt.

Was hat dir während der Erkrankung geholfen, wie hast du dich beschäftigt, abgelenkt?

Meine Vormittage habe ich wegen den vielen Blutbildkontrollen beim Arzt verbracht, ich habe viel gekocht und dazwischen unzählige Briefe an Versicherungen und sonstige Ämter geschrieben. Nachmittags habe ich mich dann ausgeruht und mir mit der Küchenschlacht und Shopping Queen die Zeit vertrieben. Nach der Hälfte der Chemo wollte ich dann langsam auch wieder was Produktiveres machen und habe angefangen für mein Studium und die Prüfungen zu lernen, die ich im Sommer verpasst habe.

Was war für dich das schlimmste/anstrengendste während der Erkrankung oder Behandlung?

Bei der Frage musste ich kurz überlegen. Die Chemo oder doch die Bestrahlung? Irgendwelche Nebenwirkungen? Nein. Nichts war so anstrengend, wie der Ärger mit meinen Ports, die ich für die Chemo bekommen habe. Durch den großen Tumor im Brustbereich war die erste Implantation des Ports, der unterhalb des linken Schlüsselbeins war, alles andere als einfach, weil die Blutgefäße alle ziemlich gequetscht waren. Der Oberarzt konnte das Problem nach einigem Hin und Her dann endlich lösen. Allerdings gab’s auch vor und während den ersten 3 Zyklen immer wieder Probleme mit dem Port, sodass man beschloss, dass ich vor dem 4. Zyklus einen neuen auf die andere, rechte Seite, bekommen sollte und der „alte“ wieder explantiert wird. Die Implantation des neuen Ports bei einem sehr erfahrenen Professor, verlief ohne Probleme. Der Port funktionierte dann zum Glück für die restlichen drei Zyklen einwandfrei.

Du sagtest gerade, dass du keine Nebenwirkungen bei der Chemo und Bestrahlung hattest. Das klingt toll. Hast du eine Vermutung, warum du beide Therapien so gut vertragen hast?

Ich hatte keine gravierenden Nebenwirkungen, die mir sofort einfallen, wenn ich an die Chemo denke. Doch natürlich hat sich die Chemiebombe bei mir auch bemerkbar gemacht. Was mir spontan einfällt, sind die extremen Rückenschmerzen nach der Neulasta-Spritze, ich brauchte mehrere Blutkonserven, weil mein Hämoglobinwert einfach zu niedrig war und am Ende hatte ich noch einen Infekt mit Fieber. Alles nicht ohne, aber für mich sehr ertragbar.

Zurück zu deiner Frage, meine Vermutung ist, dass es am Alter liegt. Je jünger, desto besser steckt man so eine Erkrankung vielleicht weg. Außerdem war ich bis vor der Erkrankung einigermaßen fit und hatte keinerlei Vorerkrankungen.

Welche Tipps würdest Du anderen Betroffenen mit auf ihren Weg geben?

Am allerwichtigsten ist: POSITIV bleiben und sich über das Leben weiterhin freuen.

Ansonsten hat es mir geholfen, meinen Tag zu strukturieren. Am Vormittag Aufgaben erledigen, Arztbesuche, Medikamente nachkaufen und am Nachmittag etwas zu unternehmen oder fernzusehen. Es hilt auch, Treffen mit Freunden ruhig ein paar Tage früher auszumachen, sodass man etwas hat, worauf man sich freuen kann.

Viele Leute machen nach der Therapie eine Reha, um wieder fit zu werden und den Alltag wieder besser meistern zu können. Warum hast du keine Reha gemacht?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen und das ist der Hauptgrund wollte ich im Januar die verpassten Prüfungen nachschreiben und hatte nachdem die Bestrahlung an Weihnachten beendet war, dazwischen keine Zeit mehr. Zum anderen hat mir die richtige innere Einstellung dafür gefehlt, daran zu glauben, dass es mir viel bringen würde. Nach der monatelangen Behandlung wollte ich einfach nicht nochmal alles durchsprechen müssen, vor allem weil ich mit dem Ende der Chemo wieder regelmäßig weggegangen bin und alles langsam aber sicher wieder „normaler“ wurde. Dazugekommen ist noch, dass keiner meiner Ärzte der Meinung war, dass ich eine Reha dringend bräuchte und so bin ich direkt wieder in den Alltag zurückgekehrt – der für Studenten natürlich nicht ganz so anstrengend ist wie für Vollzeitarbeitende.

Wie geht es bei dir jetzt weiter? Was sind deine Pläne für die nächste Zeit?

Natürlich ist mein einziger und größter Wunsch, dass ich und auch meine Familie und Freunde gesund bleiben. Außerdem möchte ich in den nächsten Jahren mein Studium beenden und nebenbei einige Reisen unternehmen. Da wird mein erstes Ziel im nächsten Frühjahr Thailand sein.

Zum Abschluss noch eine rein hypothetische Frage: Würdest du gern in die Zukunft schauen können?

Ja, doch, einen kleinen Blick würd ich riskieren.

Ich danke Dir sehr für die Offenheit und wünsche Dir natürlich vor allem Gesundheit und eine Menge Spaß auf deinen Reisen. Bleib so frisch und munter und genieß das Leben.

Wer Fragen an Kathi hat, kann gern das Kommentarfeld nutzen. Und auch wenn jemand Lust bekommen hat, ebenfalls hier seine Geschichte zu erzählen, meldet euch, gern auch per Kontaktformular.

Eure Izzie

Hier findet ihr meine Gäste aus den vorhergehenden Interviews:
Jeanette
Sina
Natascha

[1] Das Beitragsbild “Lemon Squash” ist ein Foto von Bas Van Uyen, Lizenz: CC BY-NC-ND (das Bild wurde beschnitten)

Ein schwaches Immunsystem sieht man nicht

Ich arbeite dort, wo es so gut wie keine Parkplätze gibt. Niemand hat anscheinend damit gerechnet, dass Leute mit Auto kommen würden, sonst hätten die Bauplaner definitiv mal ein paar Parkplätze mehr geplant. Ich arbeite in einem „Laden“ mit ungefähr 25 Mitarbeitern. Es gibt genau zwei Parkplätze. Einer gehört dem Chef und der andere wird momentan von mir „besetzt“.

Es gibt auch öffentliche Verkehrsmittel, werden jetzt viele denken. Aber da ich nach wie vor ein schlechtes Immunsystem habe, das heißt, die Anzahl meiner Leukozyten ist noch nicht wieder im Normalbereich und weiterhin vorbeugend Antibiotikum nehme, meide ich wie bereits seit über einem Jahr öffentliche Verkehrsmittel.

Fahrrad fällt aus. 15 km für eine Strecke, das schaffe ich nicht jeden Tag zweimal. Und so bleibt eben nur das Auto. Hey, immerhin habe ich eins. Und das fährt mich auch seit über einem Jahr von A nach B. Obwohl es gerade so TÜV bekommt.

Es ergab sich die Gelegenheit mit der Parkplatzverwalterin. Sie gab mir zu verstehen, dass ich mir bald mal eine andere Lösung suchen müsste. Andere würden auch gern mit dem Auto zur Arbeit kommen, können es aber nicht. Sprich: Es wird geredet. Neid steigt auf in den Kollegen, die vordergründig Verständnis aufbringen. Keine Ahnung, wer das genau sein könnte. Ist mir auch egal.

Da ich ja jede Woche mein Verhalten im Rahmen der Verhaltenstherapie mit meiner Superpsychologin trainiere, überlege ich mir also mein Reaktion sehr genau und bringe wertfrei rüber, dass ich nicht mit dem Auto komme, weil ich lustig bin, sondern ich nach wie vor gesundheitliche Einschränkungen habe. Die Sache mit dem Immunsystem hatte ich ihr schon mal erklärt. Nochmal mache ich das nicht, da glaube ich einfach nicht an den steten Tropf, der den Stein höhlt und so.

Sie sagt also: „Na, wenn du aus gesundheitlichen Gründen den Parkplatz benutzt, dann ist das okay. Wenn du ihn nicht mehr brauchst aus gesundheitlichen Gründen, dann müsstest du ihn freimachen.“ Nun sieht man mir nun mal nicht an, dass meine Blutwerte noch nicht wieder auf der Höhe sind und meine Abwehr damit schwach ist. War ich ja auch seit Arbeitsbeginn jeden Tag da und sehe auch sonst ganz gut aus. Das machen bestimmt die Haare, die mittlerweile in alle Richtungen sprießen, ich komme dem Blumenkohlfrisurideal meiner früheren Lehrer immer näher.

Ich lasse mich nicht ein auf die angeforderte Beweisführung. Sage stattdessen, wenn es ein Problem gibt oder jemand anderes den Parkplatz braucht, dann suche ich mir eine andere Lösung. Kein Problem. „Du musst es nur sagen.“ Nein, wenn ich ihn aus gesundheitlichen Gründen bräuchte, dann wäre das in Ordnung. Noch.

Na, geht doch. Ich werde mir nun aus gesundheitlichen Gründen eine Kiwi gönnen.

Eure Parkplatz-Besetzerin Izzie

[1] Das Beitragsbild “Blumenkohl” ist ein Foto von Bastian Greshake, Lizenz: CC BY-SA (das Bild wurde bearbeitet)

Da fehlen mir die Worte

Es ist schwierig mit mir. Finde ich. Die letzten Wochen waren ein Auf und Ab. Meine Belastbarkeit reicht noch nicht aus für den normalen Alltag. Zumindest bin ich schnell entmutigt und fühle mich schwach.

Seit einigen Tagen nehme ich wieder jeden Morgen eine Tablette, denn bei mir wurde eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt und die muss nun ausgeglichen werden. Am Anfang dachte ich, das wäre eine Spätfolge der Therapie und ärgerte mich darüber, dass ich mir nun doch noch ein Mitbringsel gesichert hatte. Aber meine Ärztin sagt, dass sei nicht von der Therapie, sondern eine immunologische Geschichte. Von was auch immer diese Geschichte handelt.

Nach ein paar Tagen fand ich es okay, denn offensichtlich scheint der Ausgleich mithilfe von Schilddrüsenhormonen relativ simpel. Der Körper kann nicht unterscheiden, ob das eine Tablette ist oder vom Körper selbst produziert wurde. Also rein mit den kleinen weißen Tablettchen. Da habe ich ja auch schon viel größeres gesehen. Also werde ich mal nicht meckern.

Ich hoffe, hoffe, hoffe, dass meine Verstimmtheit und die ständige Müdigkeit daher kommen. Das wäre eine ziemlich gute Lösung. Und ich würde es auch begrüßen, wenn meine Konzentrationsfähigkeit ein bisschen verstärkt werden würde und mir ein paar mehr Wörter einfallen würden. Das nervt mich in den letzten Wochen wirklich sehr. So oft gibt es Situationen, in denen mir einfach nicht das richtige Wort für einen bestimmten Satz einfallen will. Dann sage ich im Sprechen einfach ein anderes – nicht optimales – Wort und ich merke auch, dass es falsch ist, aber ich kann es nicht korrigieren. Weil ich einfach nicht auf das richtige Wort komme. Wisst ihr, wie ätzend das ist?

Mal ein Beispiel: Eine Person erzählt mir von einem Sportkurs, der neu eröffnet wurde und nur dann weitergeführt wird, wenn genügend Leute zusammenkommen. Ich frage also „Wie gut ist der Kurs denn rentiert?“ und denke mir: Nee. Das ist das falsche Wort. Rentiert? Nee. Wie heißt denn das richtige? Achja. Frequentiert. Stimmt. Da meine Frage etwas unterging im Gespräch wiederhole ich sie also einfach nochmal: „Wie gut ist denn der Kurs frequentiert?“ und tue so, als hätte ich genau das gleiche gerade schon gefragt. Mein Gegenüber dachte wahrscheinlich, er hätte sich verhört.

Wenn diese Probleme mit der Tablette kleiner werden, wäre das doch ganz schön. Ich werde jetzt mal ganz fest dran glauben, Kindern erzählt man ja immer, das würde was helfen.

Eure Izzie

Wiedereinstieg in den Job – als wäre ich nie weg gewesen

Seit über 2 Monaten bin ich wieder im Job. Zeit, meinen Wiedereinstieg mal Revue passieren zu lassen. Hätte ich mir das so vorgestellt oder haben meine Erwartungen sich nicht mit der Realität gedeckt?

Alles ist so normal und selbstverständlich. Ich bin aufgenommen worden, als ob nichts gewesen wäre, vielleicht eher als ob ich ein Jahr Babypause gehabt hätte. Schon nach wenigen Wochen habe ich mich gefühlt, als wäre ich nicht 11 Monate weggewesen, sondern drei Wochen auf Reisen. Zwar haben sich die Kollegen geändert, viele neue sind dazugekommen. Aber die Themen sind immer noch dieselben.

Nach wie vor habe ich Schwierigkeiten, mich den ganzen Tag zu konzentrieren und bin froh darüber, dass ich momentan nur 28 Stunden pro Woche arbeite. Ich habe meine Wochenarbeitszeit für eine Weile auf 35 Stunden reduziert und da ich jede Woche noch einen Tag Urlaub abbummle, komme ich somit auf 28. Das reicht vorerst und es ist gut nicht gleich wieder voll drin zu sein.

Auf der einen Seite ist es toll, dass man nicht wie eine Außerirdische angestarrt wird. Auf der anderen Seite ist es fast ein bisschen viel Normalität, wenn die Leute nach dem ersten Tag nie wieder ein Wort darüber verlieren. Bis auf eine Kollegin, die ebenfalls Krebs hatte und dadurch eine ganz andere Art und Weise besitzt, mit dem Thema umzugehen, waren die Reaktionen teilweise sehr zurückhaltend und wirkten damit gleichzeitig uninteressiert.

Die für mich angenehmsten Verhaltensweisen haben tatsächlich meine Chefs an den Tag gelegt. Sie haben ihrer Position und unserem distanzierten Verhältnis angemessen reagiert und haben tatsächlich auch ein Wort zu meiner Krankheit verloren, ohne mich auszuquetschen. Kollegen auf gleicher Ebene gab es nur ganz wenige, die tatsächlich mal nachgefragt haben, was ich denn hatte. Ich bin dazu übergegangen, offen über meine Erkrankung zu reden und sie auch im Arbeitsalltag zu erwähnen, wenn ich etwas erzähle. Aber darauf kommt auch keine Reaktion, sondern eher ein stärkendes Nicken. Aber wir sind eben auch „nur“ Kollegen. Was kann man da erwarten?

Warum empfinde ich das so? Habe ich nicht genug über meine Krankheit geredet in der letzten Zeit? Brauche ich Aufmerksamkeit? Fühle ich mich nicht genug gesehen? Ich kann es euch nicht sagen. Aber da ist dieses Gefühl, dass der Wiedereinstieg anders lief, als ich es erwartet hätte. Vielleicht zu professionell mit zu wenig Wärme für meinen Geschmack.

Aber vielleicht strahle ich das auch aus. Dass ich nicht angesprochen werden will, dass alles gut ist. Aber was ist die Alternative? Dazusitzen und traurig zu sein? Mir ist es nicht gelungen, die richtige Balance zu finden. Es ist okay für mich. Ich werde als normale Kollegin gesehen. Kaum einer denkt noch daran, dass ich krank war, glaube ich zumindest. Ein kleiner Trost ist mir die ebenfalls betroffene Kollegin. Wir hatten sofort Gesprächsstoff, ohne uns groß zu kennen. Auch wenn sie Brustkrebs hatte, älter ist als ich und Kinder hat, sitzen wir einfach im gleichen Boot. Und wenn ich wirklich mal reden will, dann gehe ich am ehesten noch zu ihr.

Was denkt ihr? Wie würdet ihr mit einem Kollegen umgehen, der 11 Monate wegen einer Krebserkrankung nicht da war? Bin ich zu empfindlich?

Eure Izzie

[1] Das Beitragsbild „notebook – analog“ ist ein Foto von dtron., Lizenz: CC BY-SA 2.0 (beschnitten)

Mein erster Bloggeburtstag

Vor genau einem Jahr schrieb ich meinen ersten Blogbeitrag. Izzie Stark ging online. Wer den Beweis dafür haben will, siehe hier.

Zeit, ein kleines Fazit zu ziehen. Denn erhlicherweise achte ich schon ganz genau darauf, wie sich die Aufrufzahlen so machen. Will ja nicht umsonst schreiben.

Seit dem 24. Juli 2015

  • habe ich 115 Beiträge veröffentlicht, also nahezu jeden dritten Tag einen.
  • wurden 354 Kommentare geschrieben.
  • wurde der Blog insgesamt 18.463 Mal aufgerufen, das sind im Schnitt 50 Aufrufe pro Tag.
  • war der beste Tag der 10. Mai, an dem der Blog 283 Mal aufgerufen wurde.
  • war der meistgelesenste Beitrag Wenn Freunde von heut auf morgen verschwinden.

Mein Laienwesen ist damit sehr zufrieden. Und es wird ja nur mehr, das ist das tolle an diesen Zahlen.

Aber der Blog ist viel mehr als die bloßen Zahlen für mich. Er ist mein Tagebuch und die Dokumentation meiner Krebserkrankung. Es ist ein gutes Gefühl, es aufgeschrieben zu haben. Ich werde wohl ab und zu auch zurückschauen und die alten Beiträge lesen, aber vor allem möchte ich versuchen, andere Betroffene zu erreichen und ihnen mit meinen Aufzeichnungen zu helfen, die Therapie durchzustehen und Mut machen. Wenn ihr also Leute kennt, die es leider auch getroffen hat, erzählt ihnen von meinem Blog. Vielleicht hilft Ihnen das.

In den nächsten Wochen wird es vielleicht etwas ruhiger werden, weil ich etwas das Sommerloch merke, aber ich habe vor, weiter zu schreiben. Vielleicht eher ein Mal pro Woche vorerst. Ich bin aber jederzeit per Facebook oder Kontaktformular erreichbar und freue mich immer über einen Kommentar von euch, der natürlich auch nicht unbeantwortet bleiben wird. Also keine falsche Scheu.

Eure Izzie im Sommerkleid

[1] Das Beitragsbild „Party“ ist ein Foto von Mike Haufe, Lizenz: CC BY-NC (beschnitten)

Ein schwarzer Tag im Kalender

Heute ist der 14. Juli 2016, genau vor einem Jahr saß ich mit einem sehr mulmigen Gefühl beim Arzt, um die Auswertung meiner Lymphknotenbiopsie zu besprechen. Mir schwante bereits, dass das sicher nicht gut ausgehen würde. Und genau so war es auch. Es war der schlimmste Tag in meinem Leben, der allerdings erst im Nachhinein diese Deklaration erhielt, denn ich fühlte mich wie in einem Film und nahm die Tage ab der Diagnose nicht wirklich wahr.

In den letzten Wochen kommen viele Erinnerungen in mir hoch. Ich denke über Situationen nach, die ich die ganze Zeit beseite geschoben habe. Situationen wie die Diagnose oder die Aufnahme ins Krankenhaus, die einfach holterdipolter geschah und mich von jetzt auf gleich zum Patienten machte. Diese Zeit rund um den 14. Juli war furchtbar und das nicht nur für mich. Und so ist ein Jahr später dieser Tag mit einem mulmigen Gefühl verbunden. Er ist mein persönlicher schwarzer Dienstag.

Lückenhaft erinnere ich mich, wie ich die Diagnose bekam und anschließend meinem Mann, meiner Oma und dem Rest der Welt davon erzählen musste. Das klingt vielleicht komisch, aber das Überbringen der Diagnose war für mich viel schlimmer, als die Diagnose selbst zu bekommen. Danach hatte ich eine Woche Zeit, um mich auf die neue Situatuion einzustellen und das war auch gut so. Damals dachte ich, worauf warten wir. Aber nein, die Zeit zum Klarkommen braucht man einfach. Was nach der Woche passierte, habe ich in diesem Blog festgehalten, denn am 24. Juli ging Izzie Stark online. Wer lesen möchte, wie es zur Diagnose kam, findet Infos bei Über mich.

Von nun an werden sich alle Daten wiederholen und teilweise werden bestimmte Tage mit Blogeinträgen verbunden sein und mir somit eine direkte Erinnerung bieten. Bis zum 31. Dezember, dem Ende der Therapie. Ob das gut oder schlecht ist, werde ich herausfinden. Fest steht, es geht weiter und mit jedem Tag entferne ich mich mehr von diesem schwarzen Tag in 2015.

Um den Dreh hinzubekommen und das wieder aufkeimende Gefühl der Hilflosigkeit beseite schieben zu können, nutze ich den heutigen Beitrag, um auf eine Studie aufmerksam zu machen, an der ich seit dem heutigen Tag – ein Jahr nach Diagnosestellung – auch teilnehmen kann: Noch mehr Leben. Ziel der Studie ist es, einen Fragebogen zu entwickeln, der die Bedürfnisse und die Lebensqualität der 15- bis 39-jährigen auch noch Jahre nach der Erkrankung ermittelt, um dadurch gezielt altersgerechte Unterstützungsangebote bereitzuhalten.

Teilnehmen kann, wer:

  • zwischen 15 und 39 Jahre alt ist,
  • eine Krebserkrankung in diesem Alter hatte,
  • und bei wem die Diagnosestellung mindestens ein Jahr und maximal 10 Jahre her ist.

Die Studie wurde vom Universitätsklinikum Leipzig entwickelt und läuft vorerst noch bis November diesen Jahres. Den Fragebogen findet ihr an dieser Stelle. Es gibt sogar Ikea-Gutscheine zu gewinnen, falls das für irgendjemand ein Ansporn sein sollte. Wer Fragen zur Studie hat oder seine Meinung kundtun möchte, kann dies gern in den Kommentaren tun.

Eure Izzie

Anmerkung: Diesen Beitrag habe ich ausnahmsweise vorgeschrieben und terminiert, weil ich mir nicht sicher war, wie ich heute so drauf bin.

Honululu in Pink

Wie bereits letztes Jahr angekündigt, findet ihr mich in diesem Jahr bei gutem Wetter stets am See. So auch letztes Wochenende.

Hagbard und ich machten uns auf zum See. Auf dem Weg dorthin suchten wir nach einer geeigneten Sonnenschutzmöglichkeit. Hut allein reicht nicht, ist doch meine Haut immer noch sehr empfindlich. Ich gleiche aktuell eher Schnee als leckerer Vollmichschokolade. Und da die Packungsbeilage meiner noch zu nehmenden Tabletten explizit vor Sonnengenuss und eventuellen Hautreaktionen warnt, nehme ich den Sonnenschutz aktuell sehr ernst.

Wir dachten uns, eine Strandmuschel wäre doch schick und ein gut sortierter Garten- und Baumarkt wird doch sowas sicher im Sortiment haben. Pustekuchen. Bei den nächsten Gelegenheiten, an denen wir auf unserem Weg vorbeikamen, waren bereits alle Muscheln ausverkauft. Völlig demotiviert und uns förmlich in der Sonne bereits braten sehend, strateten wir einen letzten Versuch bei einem Discounter. Immerhin haben die ja immer so wechselnden Klimbim im Angebot. Und siehe da, tatsächlich hatten sie an diesem heißen Tag Strandmuscheln im Angebot. Wir konnten unser Glück gar nicht glauben und kauften eine in dunkelrot – grün haben sie doch alle.

Saisonbedingt strichen wir Hagbards goldenes Uboot noch in Pink um und schipperten dann mit der Honululu über den See. Und weil das so schön war, wollten wir am nächsten Tag gleich nochmal, aber das Regenradar hatte uns getäuscht. Auf dem Weg zum See fing es an zu regnen und es blieb uns nichts anderes übrig, als bei einem Eisladen Halt zu machen und erstmal ein schönes Eis zu essen. Dabei konnten wir zusehen, wie der Regen immer doller wurde.

Hagbard blieb hart, er wollte baden. Wir fuhren also weiter und ich hatte tatsächlich Angst, dass wir von der Straße abkommen, weil der Regen nur so runterpladderte. Sowas habe ich selten erlebt. Die Scheibenwischer schafften es nicht mehr, uns freie Sicht zu verschaffen. Das Auto fing an zu piepen als wir durch eine tiefe Pfütze fuhren und ich sah uns schon aussteigen und im knietiefen Wasser das Auto rausschieben. Aber wir schafften es und genau zwischen zwei Regenfeldern sprang Hagbard ins wohlverdiente Nass. Ein wunderschöner Moment. Die Ruhe und das stille Wasser lösten Zufriedenheit in mir aus.

So lässt sich der Sommer aushalten. Ich hätte gern die nächsten Wochen vorwiegend Seewetter. Ich finde, das habe ich mir verdient.

Eure käseweiße Izzie

"Change" ist ein Foto von Conal Gallagher, Lizenz: CC BY (bearbeitet)

Das Danach – Zeit für Veränderung?

Wie sortiert ihr eure digitalen Bilder auf dem Laufwerk eures Rechners? Ich mache das nach fortlaufenden Jahreszahlen. Letztens fiel mir auf, dass es den Ordner mit dem Jahr 2015 nicht gibt. Es gibt so gut wie keine Bilder aus diesem Jahr. Das macht mich traurig, aber es ist auch so klar, dass da kein Ordner ist.

Einen Ordner 2016 gibt es wieder. Und der Ordner enthält Bilder auf denen ich zu sehen bin, der aber schwer vergleichbar ist mit dem Ordner 2014. Ich sehe anders aus, habe kurze Haare und vielleicht auch andere Gesichtszüge bekommen. Aber was Bilder bekanntlich nicht zeigen, ist das Dahinter. Wer ist die Person auf dem Foto?

Wenn man es könnte, würde man sehen, dass beide Ordner Bilder mit ein und derselben Person enthalten. Sie ist älter geworden, na klar, aber als Mensch bin ich die, die ich auch vorher war. Häufig hört man doch, dass eine schwere Krankheit einen Menschen verändert. Tut sie auch. Aber sie verändert vielleicht die Einstellung eines Menschen oder seine Prioritäten, aber nicht den Charakter.

Was genau hat sich verändert im Vergleich zu vorher? Was mache ich anders und was mache ich genauso wie vorher? Darüber kann ich lang und breit erzählen. Aber da ich meine bekannte und geschätzte Eigenschaft des Kurz-Bloggens nicht ad absurdum führen möchte, wird auch dieser Beitrag nicht unendlich lang werden. Ich wirke dem entgegen, indem es einfach mehrere Teile geben wird. Heute geht es um das Thema Ernäherung, da das der kürzeste Punkt in der Veränderungsliste ist. Um, wie aus der Schriftstellerei bekannt, den sogenannten Spannungsbogen nicht zu zerstören, verrate ich noch nicht, welche weiteren Themen kommen werden.

Der Genuss beim Essen ist geblieben

Da, wie bereits erwähnt, nicht viel bei mir ansetzt, habe ich mir auch nie Gedanken darüber gemacht, was und wie viel ich esse. Auch jetzt verzichte ich nicht auf Genuss. Damit meine ich, mal was Süßes, mal Chips und auch mal Fast Food. Alles in Maßen natürlich, aber für mich ist das Lebensqualität, essen zu können, was ich möchte. Dafür trinke ich keinen Alkohol und rauche nicht. Daneben achte ich mehr als vorher darauf, genug Obst und Gemüse am Tag zu essen. Ich habe nicht angefangen, Spaß am Kochen zu finden, gehe also nach wie vor gern außer Haus essen und verzichte nicht auf Kohlenhydrate oder Fleisch. Es gibt so viele Krebs-Diäten – von wegen, man sollte den Krebs aushungern und ihm keine Basis geben – daran glaube ich nicht. Viel mehr zählt, dass ich mich wohl fühle. Und nur mit Obst und Gemüse kriege ich ganz sicher nicht meinen relativ hohen Kalorienbedarf abgedeckt.

Und damit ist das Thema Ernäherung auch schon durch. Diesem Punkt, der sich also nur wenig verändert hat, folgt beim nächsten Mal ein Thema, welches wirklich einen anderen Stellenwert bekommen hat. Tipps für das nächste Thema dürfen gern in den Kommentaren abgegeben werden.

Eure Genuss-Izzie

[1] Das Beitragsbild „Change“ ist ein Foto von Conal Gallagher, Lizenz: CC BY (bearbeitet)

Krebs-Fettnäpfchen-Treten, Teil 1

Neulich rede ich mit einer Kollegin über Haare und erzähle so beiläufig, dass ich früher auch mal lange Haare hatte und so kurz ganz praktisch sei. Sie erzählt mir, dass sie das echt toll fände und sie auch immer mal überlegt hat, sich die Haare so kurz zu machen, sich aber nie getraut hätte. Momentan hätte sie aber auch keinen guten Friseur. Ich sehe förmlich, wie die Idee in ihr geboren wird: „Aber wo gehst du denn zum Friseur? Wenn die aus langen Haaren solche Kurzhaarschnitte machen können, müssten die ja gut schneiden können.“

Ähm. Kurze Denkpause.

Vorsichtig versuche ich ihr zu erklären, dass ich mir diese Frisur nicht ganz freiwillig ausgesucht hätte und frage sie, ob sie wisse, warum ich so lange nicht da war. Natürlich nicht. Ich erzähle also eine sehr kurze Version meiner Krebsgeschichte und sie läuft rot an, entschuldigt sich für die doofe Frage und verstummt.

Ich empfinde es in diesem Moment nicht als schlimm. Es fällt mir doch von Tag zu Tag leichter, zu erzählen, warum ich nicht da war und was ich hatte. Und mit meiner Ehrlichkeit verhindere ich zukünftige Fettnäpfchen-Treterei. Wenn alle wissen, was los war, dann können sie darauf auch Rücksicht nehmen. Dafür brauche ich keine Details preiszugeben. Es reicht doch, wenn ich einfach einen kleinen Hinweis gebe, dass ich eben Krebs hatte.

Ein Grund, warum diese Kollegin so beschämt war, war sicherlich auch, dass sie selbst einige Angehörige und Freunde hat, die ebenfalls Krebs haben und sie hätte vielleicht von sich selbst erwartet, ausgerechnet bei diesem Thema ein feineres Gespür zu besitzen. Daran sieht man einfach, dass die Leute das nicht als Option sehen, wenn man gerade mal Ende 20 ist. Die Wahrscheinlichkeit einen jungen Menschen (18-39) mit Krebs zu treffen, ist mit einem Anteil von 3 % an allen Krebserkrankungen, auch echt gering. [2]

Wie geht es euch, seid ihr auch schon mal in ein Krebs-Fettnäpfchen getreten? Oder habt ihr weitere Situationen erlebt wie ich? Wie war das für euch? Peinlich oder okay?

Eure Izzie

Hier noch weitere Geschichten aus der Reihe:
Krebs-Fettnäpfchen-Treten, Teil 4
Krebs-Fettnäpfchen-Treten, Teil 3
Krebs-Fettnäpfchen-Treten, Teil 2

[1] Beitragsbild: JD Hancock, „Milking It“ Some rights reserved. Quelle: www.piqs.de
[2] http://www.allianz-gegen-brustkrebs.de/index.php/aktuelles/269-junge-erwachsene-mit-krebs-eine-ganz-andere-nummer

Nachsorge – Klappe, die zweite

Es ist, als würde ein Wecker klingeln, pünktlich eine Woche vor der nächsten Nachsorge, um mich in gedankliche Unruhe zu versetzen.

Eigentlich geht es mir ziemlich gut momentan. Körperlich bin ich in sehr gutem Zustand. Die letzten Nachwirkungen der Behandlung sind abgeklungen, hatte ich doch immer noch Missempfindungen am Knie und diesen Stromstoß beim Nicken. In den letzten Wochen hatte ich auch wenig Angst in mir, war relativ ruhig. Aber das Wort Nachsorge sorgt sofort für Stress.

Heute also ging es wieder ab ins Krankenhaus; mit Schwestern und Ärzten plaudern, als wären es alte Bekannte; Komplimente für die Kurzhaarfrisur kassieren und die gewohnte Unruhe in mir spüren, während ich in erster Linie warte. Auf ein positives Gesicht, auf ein „Alles ist gut.“ und auf das Rausgehen aus der Krankenhausdrehtür.

Das Programm ist klein: Blutuntersuchung, Ultraschall, körperliche Untersuchung und Arztgespräch. Ich habe mich mit Beginn der Nachsorge gegen ständige CTs ausgesprochen. Mein Ärztin ist mit mir auf einer Linie und sieht ebenfalls keine Notwendigkeit, wenn es keinen Verdacht gibt, weil irgendwas nicht stimmt.

Die allesentscheidende Info: Alles super. Keine Auffälligkeiten. 

Mit meiner Immunschwäche bin ich im normalen Bereich. Das heißt, nach wie vor sind meine Leukozyten nicht wie bei einem gesunden Menschen und ich muss daher etwas aufpassen. Aber das ist eben nach einer Erkrankung so, die als Systemerkrankung gilt und das ganze Immunsystem durcheinanderbringt.

Mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Ich bin gesund und das ist das wunderbarste auf der Welt. Ich bin so unsagbar glücklich.

Eure strahlende Izzie

Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade draus

Izzie trifft starke Menschen: Sina

Ich hatte euch von meiner Idee erzählt, eine kleine Interviewreihe mit anderen Menschen zu machen, die ebenfalls Bekanntschaft mit Mister Hodgkin gemacht haben. Es hat genau 2 Monate gedauert bis ich meinen zweiten Gast heute hier begrüßen durfte. Sina und ich haben uns in der Reha kennengelernt und waren uns gleich sympathisch. Hier erzählt sie nun ihre ganz persönliche Geschichte.

Hallo Sina, ich freue mich sehr, dich auf meinem Blog begrüßen zu dürfen. Möchtest du dich kurz vorstellen?

Hi Izzie, klar. Ich bin Sina, 28 und komme aus dem wunderschönen und heute sehr sonnigen Ruhrgebiet.

Gleich zu Anfang, die wichtigste Frage: Wie geht es dir?

Puh, da ist sie. Die Frage, auf die es mir momentan wirklich schwer fällt, zu antworten. Ich möchte gerne sagen können: „Gut, gut, alles wieder in bester Ordnung.“ Und das wäre auch die Antwort, mit der die meisten meiner Gegenüber wohl am zufriedensten wären. Aber das ist nicht der Fall. Und da ich weder lügen möchte, noch meinen Gegenüber schocken oder gar überfordern, antworte ich zur Zeit mit einem „Joa, es geht.“ und begleitet wird das Ganze von einer merkwürdigen Mischung aus wohlwollendem Nicken und einem kleinen Schulterzucken.

Wenn sich die Frage auf den jetzigen Moment bezieht, ist die Antwort ganz leicht: Ich hab Schiss! Morgen ist die erste große Nachsorgeuntersuchung.

Das ist verständlich, dass das Angst in dir auslöst. Ich möchte versuchen, dich mit meinen Fragen etwas abzulenken. Was hast Du denn gemacht, bevor Du krank geworden bist?

Ich war und bin immer noch Studentin eines Bachelor-Studienganges, der BWL und Anglistik miteinander kombiniert. Nebenbei habe ich in einem Callcenter gejobbt. In erster Linie war ich also damit beschäftigt, das Studium irgendwie zu beenden und mich gleichzeitig seelisch auf das Berufsleben vorzubereiten.

In dieser spannenden Lebensphase hat es dich also erwischt. Wie ist dir aufgefallen, dass irgendwas nicht stimmt?

Bei dieser Frage muss ich etwas ausholen.

Geschwollene Lymphknoten gehören zu mir, solange ich denken kann. Zum ersten Mal im Alter von fünf Jahren in der Leiste. Nach dem ersten Ärztemarathon meines Lebens wurden diese schließlich entfernt, der Befund war zum Glück unauffällig oder in Ärztesprache „unspezifisch“.

Als ich etwa acht Jahre alt war, schwollen dann Lymphknoten an meiner rechten Halsseite an. Aufgrund der Vorgeschichte wurde ich nicht erneut operiert, laut der Ärzte sollte sich das verwachsen. „Damit geht die nicht in die Pubertät“, ist so ein Satz, der sich bei mir eingebrannt hat. Also habe ich erstmal damit gelebt und meine Lymphies (liebevolle Beschreibung der Lymphknoten durch meine Mama) waren mal mehr und mal weniger dick und wurden immer regelmäßig durch Ultraschalluntersuchungen kontrolliert.

Irgendwann war ich dann 20 und die Dinger waren immer noch da. Und irgendwie, so war mein subjektiver Eindruck, wurden die immer größer. Also hin zum HNO und sich angucken lassen, als müsste man schon längst tot umgefallen sein. Vielleicht hier eine kurze Erklärung oder Neudeutsch Disclaimer: Da waren nicht, 1 oder 2 Lymphknoten leicht vergrößert, nee das war ein sehr großes Paket aus sehr vielen Lymphknoten von bis zu 3 cm Durchmesser. Klare Sache also: Sofort alles rausnehmen. Es folgte erneut ein unauffälliger Befund, zum Glück.

Ungefähr 1 ½ Jahre später fing es wieder an zu wuchern, wieder am Hals, wieder rechts. Puh, langsam wurde es echt lästig. Im Bonner Uniklinikum hat man dann beschlossen, dem ganzen mal auf den Grund zu gehen und rauszufinden, weshalb die denn nun immer so dick werden. Es folgte also ein weiterer Ärztemarathon mit dem Ergebnis, dass sie doch nochmal einen Lymphknoten rausnehmen müssen, um etwas Bösartiges auszuschließen. Also OP Nr. 3. Diesmal bekam ich nach einer Woche die Nachricht, die Pathologie sei sich nicht sicher, das Ganze ginge jetzt nach Frankfurt in ein Referenzlabor. Da ging mir zum ersten Mal so richtig die Düse. Aber auch dieses Mal gab es keinen Malignitätsnachweis (nicht bösartig). Ich wurde allerdings mit einer Diagnose entlassen: Lymphknotensarkoidose. Sarkiowas?? Ja genau richtig, das hab ich auch gedacht!

Echt Wahnsinn, dann waren deine Lymphknoten ja die ganze Zeit unauffällig. Wann ist denn das dann gekippt? Wann hast du erfahren, dass du Morbus Hodgkin hast und wie kam es nach den vielen Jahren dann doch noch zu der Diagnose?

Nachdem ich ein paar Jahre mit der Diagnose vor mich hin gelebt und die dicken Lymphknoten am Hals weitesgehend akzeptiert hatte, bekam ich im Herbst 2014 massive Probleme mit der Halswirbelsäule. Scheinbar hatte ich durch die Lymphies eine Fehlhaltung eingenommen, was sich besonders in Klausurphasen bemerkbar machte. Außerdem fand ich, dass die Schwellung wieder deutlich mehr geworden war, jedenfalls wurde ich permanent gefragt, ob ich mir die Weißheitszähne hätte ziehen lassen. Nein! Hab ich nicht! Grrr! Das war mir immer sehr unangenehm.

Zusammen mit meiner Mama hab ich dann den Plan gefasst, nach dem Studium – denn da hat man für sowas ja Zeit – einen erneuten Ärztemarathon zu starten, denn die bisher gestellte Diagnose war für mich zum einen total unbefriedigend und zum anderen zeigte ich keinerlei andere typische Symptome.

Irgendwann war mir klar: So lange will ich damit nicht warten. Ich will jetzt was tun! Ob das sowas wie eine Vorahnung war? Wer weiß das schon. Ein Arzt aus dem Bekanntenkreis brachte dann schlussendlich den Stein ins Rollen und ließ mich im Rheumazentrum Ruhrgebiet komplett durchchecken. Die haben dann ALLES gemacht: MRTs, Blutuntersuchungen, komplettes Programm. Mit dem Ergebnis, dass sie leider wieder nicht wirklich weiter wussten und schließlich ein weiterer Lymphknoten rausoperiert werden sollte.

Etwa eine Woche später lag ich dann wieder auf dem OP-Tisch im selben Krankenhaus wie sieben Jahre zuvor. Gleiches Spiel wie immer, ich war ja inzwischen Vollprofi und kannte das Ganze schon. Der Operateur kam am Tag nach der OP zu mir und sagte, dass es sehr untypisch für ein Lymphom aussah, was er da rausgeschnibbelt hatte. Eine Woche später sollte dann der Befund vorliegen. Weil die Probe aber erneut in ein Referenzlabor geschickt werden sollte, verzögerte sich der Besprechungstermin um eine weitere Woche. Wieder warten. Hölle. Ich hatte ein mieses Gefühl, ein verdammt mieses. Vorahnung? Keinen Schimmer. Ich weiß, dass ich ganz allergisch auf Menschen reagiert habe, die mich beruhigen wollten. Sätze wie „Das wird schon nichts schlimmes sein“ haben mich in den Wahnsinn getrieben.

Am 13. Oktober 2015 hatte das Warten ein Ende. Ein sehr netter Arzt hat meiner Mama und mir gesteckt, dass ich Krebs habe. Dödöm! An das Meiste von dem Gespräch kann ich mich nicht erinnern. Ich hab geweint. Meine Mama hat meine Hand gehalten. Das weiß ich noch.

Nach so vielen Check-Ups hatten wahrscheinlich alle die Hoffnung, dass der Befund negativ ist, wie bei den letzten Malen. Aber wie haben deine Familie und deine Freunde dann darauf reagiert, als es hieß, du hast Krebs?

Das war tatsächlich einer meiner ersten Gedanken ein paar Minuten nach der Diagnose. Wie zur Hölle sag ich das meiner Schwester, meinem Freund oder meinem Papa? Meine Mama hat dann meinem Papa und meiner Schwester die Hiobsbotschaft für mich überbracht. Mein Freund hatte vor dem Krankenhaus auf uns gewartet. Ihm das zu erzählen, war mit das Schlimmste für mich.

Abends saßen wir dann noch mit der Familie zusammen und haben versucht den Tag irgendwie einzuordnen und zu begreifen. Die Reaktionen hatten eins gemeinsam: Es waren alle unfassbar betroffen.

Ein oder zwei Tage nach der Diagnose hab ich dann beschlossen, eine Rund-Nachricht per Whats App an alle meine wichtigen Menschen zu schicken. Die Reaktionen waren recht ähnlich. Alle waren erschrocken und wussten wahrscheinlich nicht so richtig: „Was schreibt man nur auf sowas?“

Allgemein kann ich sagen, dass sich niemand meiner Freunde distanziert oder gar von mir abgewandt hat. Das liegt vielleicht daran, dass ich schon vorher eine sehr genaue Vorstellung von Freundschaft hatte und auch nur diejenigen als solche bezeichne, die für mich wirklich welche sind. Menschen, denen ich mich tief verbunden fühle und von denen ich mir kaum vorstellen kann, sie irgendwann nicht mehr in meinem Leben zu haben.

Es ist schön, dass deine Familie und deine Freunde so gut reagiert haben. Was hat dir dann in der Zeit des Krankseins besonders geholfen? Wie hast du dich abgelenkt, die Zeit vertrieben? Welche Tipps würdest Du anderen Betroffenen mit auf ihren Weg geben?

Also in erster Linie hat mir wirklich mein tolles Umfeld geholfen. Meine Familie, die mich bei allen Untersuchungen, Therapien, Gesprächen mit Ärzten und Blutkontrollen begleitet hat. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, immer mindestens noch eine Person dabei zu haben, die sich auch anhört, was die Ärzte sagen, mit aufpasst und auch weitere wichtige Fragen stellen kann, die einem selber womöglich gar nicht eingefallen wären. Man selber ist dabei wie in einem Film und ich muss ganz ehrlich sagen, viel von dem was die Ärzte gesagt haben, hatte ich kurze Zeit später schon wieder vergessen. So eine Diagnose ist beschissen genug, da sollte meiner Meinung nach niemand alleine durch müssen.

Auch meine Freunde waren für mich da. Ob durch Krankenhausbesuche, Besuche Zuhause oder einfach nur liebe Nachrichten, die einen wissen lassen „da denkt gerade jemand an dich“. Ich habe mir ziemlich schnell das Recht rausgenommen, auf solche Nachrichten auch mal nicht zu antworten. Wie es mir eben passte und das würde ich auch definitiv weiterempfehlen. Ich denke, es bringt einem gar nichts, sich in so einer Situation damit zu stressen, dass man noch auf 10 Nachrichten antworten muss. Oder sich gar dem blauen Häckchen-Wahn zu beugen, wenn man gerade sowieso völlig erschöpft ist. Das hat mit meinem Umfeld super funktioniert. Von allen Seiten wurde mir deutlich signalisiert, dass ich auch nein zu Besuch sagen darf, ihn mir aber genauso gut wünschen kann, wenn mir danach ist.

Abgelenkt habe ich mich eigentlich ganz klassisch: Spaziergänge, wenn möglich und ansonsten waren Netflix und Amazon Prime ganz hoch im Kurs. Dazu muss ich aber auch sagen, dass sich der Zeitraum bei mir nicht so zog, wie bei vielen anderen. Von Diagnose bis hin zur kompletten Remission waren es gerade mal drei Monate.
Was ich jedem Betroffenen mit auf den Weg geben würde, ist: Hört gut auf euch! Sowohl auf euren Körper, aber auch besonders auf eure innere Stimme, euer Bauchgefühl. Wenn euch etwas komisch vorkommt, fragt nach. Mir war es immer ganz wichtig, Bescheid zu wissen über das, was gerade mit mir passiert. Welches Medikament bekomme ich da gerade, wie genau läuft so eine Chemo ab. Ihr habt jederzeit das Recht, zu wissen, was mit euch gemacht wird, denn es ist immer noch (obwohl er in dieser Zeit sehr fremdbestimmt ist) euer Körper! Kommt ihr mit einem Pfleger oder gar einem Arzt nicht zurecht, sucht das Gespräch und bittet gegebenenfalls um jemand anderen.

Und fahrt in die Reha nachdem ihr alles geschafft habt! Ihr habt euch diese Auszeit verdient und ihr werdet dort einfach ein Stück weit an die Hand genommen, um physisch und psychisch wieder auf die Beine zu kommen. Wie du auch Izzie, war ich ja in Bad Oexen und kann das Programm für junge Erwachsene wirklich weiter empfehlen. Ihr seid dort umgeben von Gleichgesinnten und beinahe bedingungslosem Verständnis für das, was man erlebt hat und noch immer erlebt. Mir persönlich hat das viel Kraft gegeben.

Viele gute Hinweise für die Zeit der Erkrankung. Wie sieht es jetzt danach bei dir aus? Was hat sich für dich verändert? Wie setzt du deine Prioritäten im Vergleich zu vor der Erkrankung?

Zunächst einmal das Offensichtlichste: Ich trage jetzt eine flotte Kurzhaarfrisur! Wie vielen anderen, sind mir die Haare ca. 2 Wochen nach Therapiebeginn ausgefallen. Vielleicht an der Stelle ein kleiner Tipp an alle Angehörigen: Der Spruch „Die wachsen ja wieder“ oder „Na, das sollte ja das kleinste Übel sein“ ist Bullshit und hilft dem Betroffenen NULL! Mir ist schon bewusst, dass das in dem Moment gut gemeint ist, aber glaubt mir bitte: Niemand, der das nicht erlebt hat, kann sich vorstellen, wie es ist, sich nach und nach die Haare büschelweise und mühelos rausziehen zu können. Ich persönlich habe sehr an ihnen gehangen und mich vielleicht auch ein Stück weit über sie identifiziert. Ich vermisse sie sehr. Das geht auch nicht allen Betroffenen so, deshalb ziehe ich meinen Hut vor euch, die ihr so wunderbar selbstbewusst eure Glatzen zeigen konntet! So langsam Schritt für Schritt gewöhne ich mich an mein neues Aussehen und mein Inneres und Äußeres kommt sich wieder näher, aber das braucht einfach Zeit.

Ansonsten empfinde ich es so, dass alle um mich herum ein wenig näher zusammen gerückt sind und das ist sehr schön. Zu einigen ist das Verhältnis einfach nochmal ein ganzes Stück inniger geworden, was ich total genieße. Und ich habe in der Reha viele tolle, starke Menschen kennen gelernt, die mich einfach inspiriert und bereichert haben. Einige davon sind auf dem besten Wege, echte Herzensmenschen zu werden, die ich nicht mehr missen möchte und die sich ihrem Platz in meinem Herzen sicher sein können.

Grundsätzlich kann ich jetzt nach der Erkrankung sehr genau zwischen Dingen differenzieren, die mir gut tun und Dingen, die mir eben nicht gut tun. Ich versuche letztere, so gut es geht, zu meiden, was natürlich nie zu hundert Prozent funktioniert. Meine Schwester hat das letztens sehr schön formuliert: „Das ist ja eine ganz neue Klare-Grenzen-Sina.“ Ja, ich denke das trifft es ganz gut.

Meine Prioritäten liegen Momentan ganz klar bei Freunden und Familie und dabei Dinge zu tun, die gut für mich sind. In der Reha hab ich gemerkt, wie gut mir beispielsweise Bewegung tut und das habe ich bis jetzt gut in meinen Alltag integrieren können. Toi, toi, toi.

Wie geht es bei dir jetzt weiter? Was sind deine Pläne für die nächste Zeit?

Ich möchte unbedingt Klavierspielen lernen! Das steht ganz weit oben auf meiner Liste und ich recherchiere dazu ganz fleißig momentan. Ansonsten begebe ich mich ganz langsam zurück ins Studium und werde dieses Semester die ein oder andere Klausur schreiben. Alles Weitere wird sich zeigen.

Vielen Dank liebe Sina, dass du mir Rede und Antwort gestanden hast. Ich wünsche Dir, dass sich dein Inneres und dein Äußeres schnell wieder zusammenschweißen und dass du einen tollen Lehrer findest, der dir die Welt der Klaviermusik näher bringt.

Wer Fragen an Sina hat, kann gern das Kommentarfeld nutzen. Um die Interviewreihe fortzuführen, bin ich weiter auf der Suche nach anderen Betroffenen, die vielleicht auch Lust haben, ihre Geschichte hier zu erzählen, gern auch anonym.

Eure Izzie

Hier alle anderen Interviews mit starken Menschen wie Sina:
Hier findet ihr meine Gäste aus den vorhergehenden Interviews:
Kathi
Jeanette
Natascha

[1] Das Beitragsbild “Lemon Squash” ist ein Foto von Bas Van Uyen, Lizenz: CC BY-NC-ND (das Bild wurde beschnitten)